Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Weiteres

Login für Redakteure

Burqush (Syrien) - Archäologischer Survey 1999

Finanziert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft,

Leitung: Prof. Dr. Gunnar Brands

1. Das Objekt

Die Ruinenstätte Burqush liegt ca. 30 km westlich von Damaskus auf 1580 m Höhe im nordöstlichen Hermongebirge auf syrischem Gebiet. Wegen seiner abgeschiedenen Lage im Hochgebirge und im militärischen Sperrgebiet (Grenze zum Libanon und Nähe zum Golan) ist der Ort nur schwer zugänglich. Die dominante Anlage besteht aus einer auf einem kleinen Felsplateau errichteten frühbyznatinischen Basilika, die wegen der Hanglage im Südosten, Süden und Südwesten über aufwendigen Substruktionen errichtet werden mußte. Sie überlagert die Fundamente eines kleineren Tempels, dessen Baumaterial weitgehend im Kirchenbau wiederverwendet wurde. Das aufgehende Mauerwerk der Kirche ist noch bis zu 5 m Höhe erhalten. Die Kirchenanlage von Burqush wurde zwar von der Deutschen Baalbek-Expedition 1903 summarisch aufgenommen, ist aber seither in der Fachliteratur zum frühbyzantinischen Syrien völlig übersehen worden und war somit für das Fach inexistent.

Nordöstliches Hermongebirge mit Burqush.
Im Hintergrund rechts die Hochebene von Sabboura

Nordöstliches Hermongebirge mit Burqush. Im Hintergrund rechts die Hochebene von Sabboura

Nordöstliches Hermongebirge mit Burqush.
Im Hintergrund rechts die Hochebene von Sabboura

Der archäologische Survey im August und September 1999 hatte die Dokumentation der gesamten Ruinenstätte zum Ziel, die seit 1903 glücklicherweise fast ohne Zerstörungen erhalten geblieben ist. Diese umfaßt außer der Basilika, die den Forschungsschwerpunkt darstellte, die umgebende Siedlung sowie Nekropolen, Steinbrüche, Tempel bzw. Tempelreste und ein Propylon.

Burqush, Basilika. Südansicht

Burqush, Basilika. Südansicht

Burqush, Basilika. Südansicht

2. Das Projekt

Als Arbeitsprogramm waren folgende Punkte vorgesehen:

  • Topografische Aufnahme des Geländes
  • Massentopografie der Siedlung
  • Bauaufnahme der frühbyzantinischen Basilika und des Tempels
  • zeichnerische und fotografische Dokumentation der gesamten Ruinenstätte.

An der Kampagne nahmen zwei Archäologen, ein Geodät, eine studentische Hilfskraft (Architektur, TU Cottbus) und örtliche Hilfskräfte teil. Das Gelände erwies sich wegen der Hochgebirgslage als schwieriges Arbeitsfeld, zum einen, weil die Ruinenstätte nicht direkt mit dem Auto angefahren werden konnte und somit täglich das Arbeits- und Vermessungsmaterial sowie die Verpflegung (und Wasser) gipfelan und -ab getragen werden mußte, zum anderen, weil die Ruinenstätte selbst partienweise extrem abschüssig ist und sich die Bewegung bei der Arbeit als schwierig, anstrengend und gefährlich erwies.

Burqush, Basilika. Südansicht

Burqush, Basilika. Südansicht

Burqush, Basilika. Südansicht

3. Topografische Aufnahme des Geländes

Da auf keinerlei Kartenmaterial des Geländes zurückgegriffen werden kann, war eine topografische Neuaufnahme unvermeidlich. Aufgrund der Vorgaben des Militärs durfte nur ein mechanischer Reduktionstachymeter, jedoch kein elektronisches Gerät zum Einsatz kommen. Es wurde ein Ringpolygon mit neun geodätischen Meßpunkten im Gelände gelegt; bei der anschließenden, topografischen Aufnahme traten keine unvorhergesehenen Schwierigkeiten auf, allerdings erwiesen sich die zahlreichen Felsformationen im Gelände als zeitraubend. Als Folge des Einsatzes von mechanischem Meßgerät lag als Ergebnis vor Ort lediglich eine große Ansammlung numerierter Punkte auf sogenannten Karti-Scheiben vor. Da die Auswertung - im Gegensatz zu Arbeiten mit elektronischem Gerät - manuell erfolgen muß, wurde in Burqush selbst kein gezeichneter Plan des Geländes angefertigt. Die Auswertung und Umzeichnung erfolgte in der Nachbereitung.

Burqush, Siedlung.
Sogenanntes "Haus an der Straße"

Burqush, Siedlung. Sogenanntes "Haus an der Straße"

Burqush, Siedlung.
Sogenanntes "Haus an der Straße"

4. Massentopografie der Siedlung

Auch hier mußten sich die Arbeiten auf den Einsatz mechanischen Geräts beschränken. Ursprünglich war bei der Planung der Kampagne von einer Siedlung aus 20 bis 25 einfachen Häusern ausgegangen worden. Diese Prämisse mußte im Verlauf einer mehrtägigen Geländebegehung revidiert werden. Da der gesamte Gipfel, um den sich die Siedlung gruppiert, von einer Geröllschicht bedeckt ist, konnten Mauerreste häufig erst aus nächster Nähe ausgemacht werden. Die Siedlung erwies sich als etwa doppelt so groß wie angenommen. Hinzu kamen Felsgräber und Mauerreste in weiterer Entfernung, die eine deutliche Erweiterung des zu erfassenden Geländes notwendig machten. Es konnten zahlreiche Einzelbeobachtungen gemacht werden, wie z.B. die Wiederverwendung antiken und frühbyzantinischen Mauerwerks in mittelalterlicher Bebauung sowie landwirtschaftliche Einrichtungen. Ferner wurde in einer ebenfalls mittelalterlichen Wegtrassierung ein frübyzantinischer Türsturz mit Inschrift entdeckt. Der massentopografische Punkteplan und die Siedlungsskizzen wurden ebenso wie der topografische Plan in der Nachbearbeitung ausgewertet.

Burqush, Tempel (im Vordergrund rechts)
und Siedlung (linke Bildhälfte)

Burqush, Tempel (im Vordergrund rechts) und Siedlung (linke Bildhälfte)

Burqush, Tempel (im Vordergrund rechts)
und Siedlung (linke Bildhälfte)

5. Bauaufnahme der frühbyzantinischen Basilika und des Tempels

Burqush, Basilika. Ostpartie

Burqush, Basilika. Ostpartie

Burqush, Basilika. Ostpartie

Die Grund- und Aufrisse wurden im Handaufmaß erarbeitet. Schwierigkeiten bereitete die Topografie, einerseits durch die steile Lage der Basilika auf einem Felssporn, der einen Zugang zum kleinen Plateau nur von Norden erlaubte, andererseits durch überraschend einsetzende, böige Steigwinde, die ein Arbeiten auf den Mauerzügen über den Steilhängen (12 m Höhenunterschied) mitunter gefährlich werden ließen. Ebenfalls sehr hinderlich war der Umstand, daß das Gelände und damit das Team ab Anfang September an einzelnen Tagen wiederholt unter Panzerbeschuß geriet (von den Verursachern nicht beabsichtigt), so daß die Arbeit unterbrochen und Deckung aufgesucht werden mußte.

Die Basilika erwies sich in ihren Untergeschossen (Substruktionen zur Hangsicherung) als genuin frühbyznatinisch, es wurden keine Anzeichen für eine frühere Verwendung der hier verbauten Quader gefunden. Auffällig in diesem Bereich ist die hohe technische Qualität der Bauausführung, wie sie z.B. beim Übergang von Gewölben zu gewachsenem Fels augenfällig wird.

Das gesamt aufgehende Erdgeschoß wurde augenscheinlich aus dem Baumaterial des früher an dieser Stelle befindlichen augusteischen Tempels errichtet. Zahlreiche Detailbeobachtungen waren möglich, wie z.B. Spuren von bronzenen Kerzen- oder Fackelhaltern an den Pfeilern, Putznagellöcher, Reste einer Marmorverkleidung (weiß mit starker grauer Äderung). Von den ursprünglich zwölf Kapitellen der Basilika waren seit 1903 acht bekannt. Es konnten drei weitere aufgefunden werden, eins davon als Quader abgearbeitet und wiederverwendet in einem mittelalterlichen Anbau im Umfeld der Basilika. Da auch das zwölfte Kapitell mit Sicherheit in einem Schutthügel lokalisiert, leider jedoch weder gesichtet noch geborgen werden konnte, ist nunmehr auch die ursprüngliche Anordnung der Kapitelle, die bislang unbekannt war, geklärt.

Neu aufgefunden und eingemessen wurden Grundmauern von Räumen im Nordwesten der Basilika, die an der Fortsetzung ihrer Westmauer nach Norden hin aneinandergereiht sind. Nach Osten hin öffnet sich diese Raumflucht durch eine Portikus, deren Plinthenreste noch in situ sind. Offensichtlich besaß die Basilika also im Norden einen Peristylhof, dessen Westflanke durch die erwähnte Raumflucht gebildet wird. Leider sind die restlichen Partien nicht mehr nachzuweisen: im Norden wurde das Gelände durch das Militär freigeräumt und planiert, im Osten verunklärt mittelalterliche Überbauung die ursprüngliche Anlage.

Im gleichen Zuge wurde der in der Nähe befindliche Apsistempel erfaßt, dessen dreifarbiges Steinmaterial (schwarz, ocker, rötlich) einem anderen Steinbruch entstammen muß als das Baumaterial der Basilika. Der Tempel hat seit der Dokumentation von 1903 etwas gelitten, zudem sind wichtige Bauteile spurlos verschwunden.

Grund- und Aufrisse beider Gebäudekomplexe wurden fertiggestellt. Tuschen, Schnitte und Rekonstruktionen entstanden in der Nachbereitung.

Trotz der erwähnten Widrigkeiten konnte das Arbeitsprogramm der auf eine Kampagne beschränkten Unternehmung wie geplant durchgeführt werden. Die Kirchenanlage samt der sie umgebenden Siedlung wurde untersucht und dokumentiert. Das Ziel - ein Gesamtplan der Anlage und die zeichnerische und fotografische Dokumentation von Bauten und Baudekor - wurde erreicht. Die ist angesichts der knapp bemessenen Zeit und des deutlich vergrößerten Arbeitspensums durch die ausgedehnte Siedlung als Erfolg zu verbuchen, der ohne den hohen Arbeitseinsatz und das Engagement aller Teilnehmer nicht zu leisten gewesen wäre. Die Auswertung der gewonnenen Ergebnisse erfolgt derzeit im Rahmen eines Promotionsvorhabens von Friederike von Bargen am Institut für Orientalische Archäologie und Kunst.


Zusammenstellung: Friederike von Bargen

Zum Seitenanfang