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Çavi Tarlasi

Gesamtplan der Ausgrabung Çavi Tarlası

Gesamtplan der Ausgrabung Çavi Tarlası

Gesamtplan der Ausgrabung Çavi Tarlası

Digitale Rekonstruktion der Bebauung von Çavi Tarlası Schicht 2a

Digitale Rekonstruktion der Bebauung von Çavi Tarlası Schicht 2a

Digitale Rekonstruktion der Bebauung von Çavi Tarlası Schicht 2a

Identität und Kontakt am Beispiel eines spätneolithischen Fundplatzes (SO-Türkei)

(DFG-Projekt: BE 2549/4-1)

Im vorliegenden Projekt werden die Ausgrabungen am Çavi Tarlası in einer Grundlagen-studie vorgelegt (Teil I). Die Auswertung des Çavi Tarlası erbrachte dabei zahlreiche Ergänzungen zum bisherigen Erscheinungsbild der spätneolithischen Ḥalaf-Kultur des frühen 6. Jahrtausends v. Chr. im südlichen Taurusvorland. Die Bedeutung des Ortes liegt vor allem darin begründet, dass der Fundplatz nahezu rein Ḥalaf-zeitlich über mehrere Jahrhunderte besiedelt war und im Wesentlichen nicht durch jüngere Siedlungsschichten gestört ist.

Auf regionaler Ebene füllt die mehrhundertjährige Besiedlung am Çavi Tarlası von der Stufe Ḥalaf Ib bis in den Beginn der Stufe Ḥalaf IIb (ca. 5850–5450 v. Chr.) eine wichtige chronologische Lücke, da andere Fundorte im Karababa-Becken, wie Kurban Höyük oder Nevalı Çori nur während kleinerer Abschnitte der Ḥalaf-Zeit besiedelt waren und wohl nur kleinere Weiler darstellen. Demgegenüber repräsentiert Çavi Tarlası eine ca. 1 ha große dörfliche Ansiedlung mit geschätzten 120 Personen, deren Bewohner Ackerbau und Viehzucht betrieben, während die gelegentliche Jagd ökonomisch keine Rolle spielte.

In einzelnen Kapiteln werden Architektur und Stratigraphie, Gräber, Keramik, Lithik und Grobsteingeräte, Kleinfunde und Tierreste vorgelegt und vor ihrem kulturhistorischen Hintergrund ausführlich diskutiert und eingeordnet. Für die bäuerlich-dörfliche Ḥalaf-Kultur gehört mit dieser Auswertung Çavi Tarlası zu den wenigen Fundorten, für die das gesamte Fundspektrum vorgelegt wird. Die Architektur am Ort ist geprägt durch die typischen Rundhäuser der Ḥalaf-Zeit, die in ihrer Anlage und Ausstattung hier sehr standardisiert erscheinen. Das tägliche Leben spielte sich im Wesentlichen außerhalb der Gebäude ab, wie die Herdstellen und Öfen auf den mit Kieseln gepflasterten Außenflächen zeigen. Zu den materiellen Zeugnissen gehört das umfangreiche Form- und Motivspektrum der Keramik sowie die Lithik und Grobsteingeräte, die die intensive Benutzung dieser Objekte bei diversen Tätigkeiten des Alltagslebens bezeugen. Wurden die meisten Objekte aus lokalen Rohstoffen gefertigt, so belegen vereinzelte Schmucksteine wie Lapislazuli aus dem Ost-Iran/ Afghanistan, eine Kauri-Schnecke aus dem Indischen Ozean sowie eine Auster aus der Mittelmeerregion, dass die Bewohner der weitgehend egalitären Dorfgemeinschaft am Çavi Tarlası in die weit gespannten Austauschbeziehungen der Ḥalaf-Zeit eingebunden waren, wie dies auch anhand des sicherlich importierten Obsidians anzunehmen ist.

Einen breiten Raum nimmt Teil II der Studie ein, der sich mit die Neubewertung Ḥalaf-Kultur und ihrer chronologischen und räumlichen Untergliederung befasst. Anhand von 35 ausgewählten Fundorten – regional gegliedert – wird am Beispiel der Keramik die Entwicklung des lokalen bzw. regionalen Waren-, Form- und Motivspektrums nachgezeichnet und in zahlreichen Synopsen präsentiert. Entgegen älteren Darstellungen, die zwar auf regionale Unterschiede hinweisen, aber dennoch eine weitgehende homogene Entwicklung der Ḥalaf-Keramik konstatieren, kommt die vorliegende Studie zu einem differenzierteren Bild. Die regional variierende Ausprägung der Ḥalaf-Keramik wird dabei als Teil regionaler ‘interaction spheres’ bzw. als Konglomerat sich überschneidender, interagierender, regionaler Gruppen gesehen, deren regionaler ‘Dialekt’ bzw. deren Identität durch eng miteinander agierende Töpfer ("closely interacting individual potters") geprägt wurde.

Abgerundet wird die Studie durch naturwissenschaftliche Untersuchungen von Keramiken verschiedener Fundorte Nordmesopotamiens (Teil III) v.a. im Hinblick auf ihre Provenienz, die primär lokal produziert wurden und es erlauben durch geochemische 'Fingerabdrücke' einzelne Regionen voneinander abzugrenzen. Bisweilen auftretende Überschneidungen werden dabei im Sinne eines regionalen Austauschs bzw. Technologietransfers diskutiert.

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