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Tell Tawila: Ausgrabungen 2005

Einleitung

Die 1. Grabungskampagne in Tell Tawila, ca. 10 km südlich von Tell Chuera, wurde vom 3. Sept. bis 15 Okt. 2005 durchgeführt. Das Grabungsprojekt wird als deutsch-syrische Kooperation durchgeführt und ist Teil des Tell Chuera-Regional-Projekts unter Leitung von Jan-Waalke Meyer (Uni-Frankfurt), welches sich mit der Siedlungsgeschichte im Wadi al-Hamar befaßt. Die Grabungen in Tell Tawila konzentrieren sich auf den Zeitraum der Halaf- und 'Obed-Zeit im 6. und 5. Jt. v. Chr. und werden durch die Gerda Henkel Stiftung gefördert.

Die Region des Wadi al-Hamar ist Teil des nordostsyrischen Steppengebiets zwischen Balikh und Khabur. Das Gebiet liegt ca. 350-420 m ü. NN und wird durch das ONO-WSW verlaufende Wadi al-Hamar entwässert, das in den Balikh einmündet. Von Norden aus wird das Wadi al-Hamar durch kleinere, Wadis gespeist, die dem östlichen Taurusvorland in der Südosttürkei entspringen. Diese Wadis sind nur schwach in die Landschaft eingeschnitten. Im Süden wird das Gebiet durch die Ausläufer des Tuwal al-'Aba (483 m ü. NN) begrenzt, der nach Osten seine Fortsetzung über die Höhenzüge des Djebal 'Abd el-'Aziz (920 m ü. NN) und des Djebal Sinjar (1460 m ü. NN) bis in den Nordirak hinein findet. Klimatisch gehört das Untersuchungsgebiet in den Grenzbereich dreier Klimazonen. In W-O-Richtung liegt die Region am Übergang vom westsyrischen zum nordostsyrischen Steppenklima, nach Süden ist der Einfluß der Wüstensteppe spürbar. Der durchschnittliche Jahresniederschlag liegt bei ca. 250 mm und ermöglicht Regenfeldbau.

Von den etwa 100 Fundplätzen, die die Jahrtausende umfassende Siedlungstätigkeit im Wadi al-Hamar dokumentieren, können insgesamt 15 Fundorte der Halaf- bzw. 9 Fundorte der 'Obed-Zeit zugewiesen werden. Dabei handelt es sich meist um Kleinsiedlungen (< 1 ha), die wohl nur über einen kürzeren Zeitraum, vielleicht auch nur saisonal bewohnt waren. Zusammen mit 'Agila-Süd und auch Tell Chuera selbst, dürfte Tell Tawila mit ca. 5 ha Fläche einen größeren Siedlungsplatz der Halaf-Zeit repräsentieren. An diesen drei Orten ist aufgrund des umfangreichen Keramikmaterials eine längere Siedlungsabfolge zu erwarten.

Tell Tawila und weitere Fundorte der Halaf-Zeit im Wadi al-Hamar

Tell Tawila und weitere Fundorte der Halaf-Zeit im Wadi al-Hamar

Tell Tawila und weitere Fundorte der Halaf-Zeit im Wadi al-Hamar

Die Untersuchungen in Tell Tawila bieten somit die Möglichkeit im Kerngebiet der Halaf-Kultur, zwischen Balikh und Khabur für die Region des Wadi al-Hamar wichtige Hinweise zur Siedlungsgeschichte des 6. Jts. v. Chr. zu liefern. Die Ausgrabungen fanden in zwei Bereichen statt, die nachfolgend als A und B bezeichnet werden. Bereich A liegt am Nordhang auf einem kleinen Sattel, Bereich B am flach auslaufenden Osthang.

Topographischer Plan von Tell Tawila mit den Grabungsbereichen

Topographischer Plan von Tell Tawila mit den Grabungsbereichen

Topographischer Plan von Tell Tawila mit den Grabungsbereichen

Bereich A

Im Bereich A (Areal T 8) werden vier Schichten unterschieden:

Schicht A 1

Das Fundmaterial aus dem Oberflächenbereich enthielt stark vermischte Keramik aus der islamischen Zeit, der Eisen- und Frühbronzezeit sowie der Halaf-Zeit ohne klare Baubefunde.

Schicht A 2

In einer Tiefe von 40 bis 50 cm unter der rezenten Oberfläche wurde eine großflächige Begehungsfläche mit rechteckigen Gebäudestrukturen freigelegt. Komplette Hausgrundrisse konnten nicht mehr festgestellt werden. Die 15-35 cm breiten Mauern standen nur noch in einer geringen Höhe von 10 cm an. Fugen waren nicht erkennbar, was auf den schlechten Erhaltungszustand zurückzuführen war. Lehmziegel sind dennoch nicht auszuschließen.  Mit Ausnahme eines Gefäßfragments mit Tülle (Kochtopfware, wahrscheinlich spätchalkolithisch), fanden sich in diesem Bereich keine weiteren datierbare Funde. Einzige Installation bildet eine kleine Feuerstelle in der Osthälfte. In der Westhälfte wurde an einer Hausmauer ein leicht abschüssiges Kiesbett freigelegt. Neben Keramik-, Tierknochen- und Steinwerkzeugfragmenten wurde dort eine Rollenkopfnadel aus Kupfer/Bronze gefunden, die noch ins 4. Jt. v. Chr. datiert werden kann.

Schicht A 3

Direkt unter der Begehungsfläche von Schicht A 2 änderte sich die Zusammensetzung der Keramik, die jetzt fast ausschließlich der Halaf- Zeit zuzuordnen ist und von zahlreichen Obsidianfragmenten begleitet wird. Ähnlich wie im Oberflächenschutt handelt es sich dabei vor allem um klein abgerollte Keramik. Dies ist als Hinweis darauf zu deuten, daß die halafzeitliche Siedlung an dieser Stelle für einen längeren Zeitraum als Ruine offen lag. In der Westhälfte kamen rechteckige Mauerstrukturen der Halaf-Zeit zutage. Ihre Oberkanten liegen ca. 30 cm unter der Begehungsfläche von Schicht A 2. Durch den schlechten Erhaltungszustand und das völlige Fehlen von Ascheschichten waren diese Mauern kaum im Planum zu erkennen. Sie wiesen keine sichtbaren Fugen auf und waren z.T. stark zerstört. Die ca. 15-25 cm hoch erhaltenen und etwa 35-40 cm breiten Mauern bilden kleine Räume von etwa 2,2 m2 Fläche (1,25 x 1,85 m). Für drei Räume konnte eine zugehörige Begehungsfläche nachgewiesen werden. Auf keiner fand sich datierbare Keramik, wohl aber reichhaltiges Keramikmaterial der Halaf-Zeit in den unmittelbar darüberliegenden Schuttablagerungen.

Schicht A 4

Im Ostteil von Areal T 8 wurde die Fläche weiter abgetieft. Etwa 60-80 cm unter der Begehungsfläche von Schicht A 2 wurde eine helle Ascheschicht freigelegt. Darauf fanden sich mehrere Installationen, wie z.B. eine annähernd runde Plattform aus Stampflehm, eine Türangel aus Gips sowie ein Kies- und Scherbenbett. Am Südprofil ruht auf dieser Ascheschicht eine bis zu 83 cm breite Stampflehmmauer. Weitere Mauerreste sind in der Nordhälfte nur in einem Einzelfall nachzuweisen.

Tell Tawila, Bereich A (Areal T 8), halafzeitliche Baureste (Ansicht von Norden)

Tell Tawila, Bereich A (Areal T 8), halafzeitliche Baureste (Ansicht von Norden)

Tell Tawila, Bereich A (Areal T 8), halafzeitliche Baureste (Ansicht von Norden)

Bereich B

Schicht B 1

In Bereich B wurde in den zwei benachbarten Arealen Z 11 und A'11 eine Sondage von jeweils 4 x 9 m durchgeführt. Hier bestand die Hoffnung am flach auslaufenden Osthang möglichst dicht unter der Oberfläche auf Halaf-Schichten zu treffen, ohne allzu starke, jüngere Überbauungen erwarten zu müssen. Aus dem durch rezente Pflugtätigkeit durchwühlten Oberflächenbereich kam bis zu einer Tiefe von ca. 40 cm Keramik der frühislamischen Zeit, der Eisenzeit und der beginnenden Frühbronzezeit zutage, deren Anteil mit zunehmender Tiefe abnahm. Zugleich nahm der Anteil an Halaf-Keramik zu. Mit Ausnahme von wenigen Gruben, einer rechteckigen Lehmziegelsetzung - gefüllt mit Asche und Keramik - und vereinzelten Steinsetzungen der jüngeren Epochen war in größerer Tiefe ausschließlich Halaf-Keramik anzutreffen. Diese jüngeren Siedlungsreste unmittelbar unter der rezenten Oberfläche werden als Schicht B 1 bezeichnet. Am Ende der 1. Grabungswoche waren halafzeitliche Baubefunde erreicht. Insgesamt drei halafzeitliche Schichten (B 2-4) konnten hier bislang angeschnitten werden. Wie eine auf kleiner Fläche durchgeführte Sondage in Areal Z 11 (auf 1 x 1,5 m Fläche) zeigt, ist eine Fortsetzung der dicht aufeinanderfolgenden Bauschichten vorhanden, die bis zu einer Tiefe von 2,50 m abgetieft wurde. In Kombination mit dem Niveau am Fuß des Siedlungshügels sind für Bereich B insgesamt etwa 3,5-4,0 m starke Kulturschichten des 6. Jts. v. Chr. zu erwarten, die aufgrund der Survey-Keramik eine mehrhundertjährige Siedlungsabfolge der Halaf-Zeit erhoffen lassen.

Für alle halafzeitlichen Schichten in Bereich B ist charakteristisch, daß die älteren Bauschichten planiert und die Räume und Freiflächen mit Schutt und Asche verfüllt wurden. Sofern es der derzeitige Stand der Ausgrabungen erlaubt, scheinen für Neubauten vielfach ehemalige Außenflächen bebaut worden zu sein. Neubauten standen somit unmittelbar neben den Resten älterer, verfallener oder teilweise abgerissener Gebäude.

Schicht B 2

Die jüngste halafzeitliche Schicht besteht aus einem im Außendurchmesser ca. 5 m großen Rundbau mit Binnengliederung, dessen Mauern aus Stampflehm errichtet wurden. Die Mauerstärke beträgt zwischen 30-50 cm, die Binnenmauern sind mit durchschnittlich 30 cm etwas schwächer ausgebildet. Die erhaltene Mauerhöhe beträgt etwa 35-50 cm. In Ost-West-Richtung ist der Rundbau durch zwei im Abstand von ca. 60-100 cm verlaufende Längsmauern unterteilt. Zwischen der nördlichen Binnenmauer und dem Rundbau wird dieser Bereich durch eine kleine, N-S verlaufende Mauer in zwei weitere Räumlichkeiten untergliedert, so daß sich insgesamt vier Räume unterschiedlicher Größe ergeben. Abzüglich der Innenmauern ergibt sich eine Wohnfläche von ca. 9,6 qm.

Tell Tawila, Bereich B (Areal Z 11), halafzeitlicher Rundbau der Schicht B 2

Tell Tawila, Bereich B (Areal Z 11), halafzeitlicher Rundbau der Schicht B 2

Tell Tawila, Bereich B (Areal Z 11), halafzeitlicher Rundbau der Schicht B 2

In allen Räumen konnten die Fußböden freigelegt werden, doch fanden sich nur im nordwestlichen Raum 1 Fragmente datierbarer Halaf-Keramik auf dem Fußboden, während die übrigen Räume eher den Eindruck machten, als seien sie vor Aufgabe ihrer Nutzung leergeräumt worden. Raum 1 ist in seiner Nordhälfte mit einer etwa 20 cm hohen, weiß verputzten Bank aus Stampflehm ausgestattet. Die Durchgänge zwischen den Räumen 1, 3 und 4 wurden bislang noch nicht herausgenommen um die Erhaltung der Mauern zu gewährleisten. Im Verlauf der Binnenmauern sind sie anhand von größeren Keramikscherben kenntlich. Zudem fällt in der N-S-Achse das Fußbodenniveau ab, so daß auch dadurch die Durchgänge im Boden markiert werden. Der kleine, nordöstliche Raum 2 scheint hingegen keinen Zugang zu haben. Vorstellbar wäre, daß er als kleiner, abgetrennter Lagerraum genutzt wurde, dessen Mauern nicht bis zur Dachhöhe hinaufreichten. Die Lage des äußeren Zugangs ist noch nicht klar; er ist aber wahrscheinlich im Süden von Raum 4 zu lokalisieren.

Nach Norden schließt sich ein rechteckiger Raum an, dessen nur 20 cm hoch anstehende Stampflehmmauern auf derselben, hellgrauen Ascheverfüllung wie Rundbau 1 ruhen. Diese Planierung bildet die Unterkante der Bauschicht B 2, bzw. die erhaltene Oberkante der älteren, darunterliegenden Schicht B 3. Unmittelbar am Südprofil konnte eine nur schlecht erhaltene, ca. 1,20 m breite Installation erfaßt werden, die in Analogie zu Befunden der Schicht B 3, als Ofenplattform anzusehen ist.

In Areal A' 11 werden zu dieser Schicht folgende Strukturen gerechnet, die sich in vier Bauphasen untergliedern lassen.

Tell Tawila, Bereich B (Areal A´ 11), halafzeitliche Schichten 2a/b und 4

Tell Tawila, Bereich B (Areal A´ 11), halafzeitliche Schichten 2a/b und 4

Tell Tawila, Bereich B (Areal A´ 11), halafzeitliche Schichten 2a/b und 4

Schicht B 3b/c

An ein Kieselpflaster in der SW-Ecke von A' 11 schließen sich drei kleine, runde Öfen mit einem Innendurchmesser von ca. 30-40 cm an, die -  als einzelner Ofen oder als Doppelofen - in Stampflehmstrukturen eingetieft sind. All diese Installationen überlagern die darunterliegende Bauphase B 3d/e. Weiter nach Osten folgen kleinere rechteckige Räumlichkeiten aus Stampflehm sowie in der SO-Ecke eine Stampflehmplattform. Die meisten dieser Mauer ruhen wiederum auf einer hellgrauen Ascheschicht. Darin eingebettet kommen in der Osthälfte breits einige Mauern der tieferliegenden Schichten zutage.

Schicht B 3d/e

Unter den Öfen der Bauphase B 3b/c befindet sich eine verputzte Treppe, die im unteren Bereich 2 m und im oberen Bereich etwa 1,8 m breit ist und beiderseits von Mauern flankiert wird. Nach Norden sitzt die höchste Stufe auf der erhaltenen Maueroberkante des derzeit ältesten Rundbaus 2 der Schicht 4 auf. Von dort aus führen mindestens sechs Stufen in Richtung Süden auf ein ca. 60 cm tieferliegendes Niveau, das momentan noch von den jüngeren Öfen der Schicht B 3b/c am Südprofil überlagert wird.

Schicht B 4

Da die Bauten der Schicht B 2 noch nicht abgetragen wurden, konnte die darunterliegende Schicht B 4 nur im Westen und Norden von Areal Z 11 freigelegt werden. Zu dieser Bauschicht gehört Rundbau 3 mit einem Außendurchmesser von ca. 5,20 m, der in der Fläche etwa zur Hälfte freigelegt wurde. Während die östliche Außenmauer weitgehend unter dem Niveau der Schicht 2 liegt, steht die westliche Außenmauer des Rundbaus noch ca. 60-70 cm hoch an.

Inmitten dieses Rundbaus befindet sich vor dem Nordprofil eine ca. 3,10 m breite, verputzte Installation, die stratigraphisch von der Westmauer des rechteckigen Anbaus der Schicht B 2 überlagert wird. Eine dunkelgraue Aschelage über dieser Installation deutet auf eine Art Ofenplattform hin. Das Fußbodenniveau dieses Raumes wurde bislang noch nicht erreicht.

Nach Süden schließt sich an den Rundbau 3 eine gerade verlaufende Mauer von ca. 4,30 m Länge an. Die ca. 60 cm hoch erhaltene Mauer besitzt eine geringe Mauerstärke von nur 20 cm und ist auf ihrer Ostseite mindestens zweimal pfeilerartig verstärkt. Der 1,10 m breite Zwischenraum ist bis zu einer Höhe von 25 cm bankartig aufgemauert. Zwischen der nördlichen Mauerverstärkung und Rundbau 3 befindet sich eine gerundete Ofenplattform von etwa 1 m im Durchmesser. Der sich nördlich anschliessende Zwischenraum zwischen dieser Nischenmauer und dem Rundbau 3 wurde nach Westen hin durch ein schwaches, vorgesetztes Mäuerchen verstärkt und der Zwischenraum anschließend mit Schutt verfüllt. Im südlichen Abschnitt der Nischenmauer findet sich ein verputzter Durchlaß zur Entwässerung, an den sich nahe dem Südprofil eine kleine, niedrige und verputzte Bank anschließt.

Zu dieser Schicht B 4 gehört in Areal A'11 Rundbau (2) mit Binnenunterteilung. Am Ende der Grabungskampagne konnte die Fortsetzung der Außenmauer auch nahe dem Ostprofil von Areal Z 11 verfolgt werden und läßt auf einen Außendurchmesser von etwas mehr als 6 m schließen. Anders als bei Rundbau 1 der Schicht B 2 sind die Binnenmauern hier aus rechteckigen Lehmziegeln errichtet, deren Fugen aus aschigem Material bestehen. Ähnlich wie bei Rundbau 1 ist die Außenmauer ca. 30-50 cm breit, die Binnenmauer mit 25 cm etwas schmaler. Die erhaltene Mauerhöhe beträgt bislang max. ca. 80 cm; innerhalb der aschigen, weichen Raumverfüllung ist das Fußbodenniveau aber noch nicht erreicht.

Tawila, Bereich B (Areale Z 11 und A´ 11); Plan der halafzeitlichen Schichten B 2-4

Tawila, Bereich B (Areale Z 11 und A´ 11); Plan der halafzeitlichen Schichten B 2-4

Tawila, Bereich B (Areale Z 11 und A´ 11); Plan der halafzeitlichen Schichten B 2-4

Ausgewählte Kleinfunde

Folgende Einzelfunde sind hervorzuheben: das Fragment eines Stempelsiegels aus Steatit/Chlorit, eine röhrenförmige Tonperle und ein Schleudergeschoß. Als weitere Funde sind ein Keulenkopf aus marmorartigem Stein zu nennen, der zusammen mit mehreren Obsidianklingen in einer Grube gefunden wurde, ferner eine fragmentarisch erhaltene Gefäßtülle in Form eines Stierkopfes. In der lithischen Industrie ist neben Feuersteingeräten v.a. ein breites Spektrum von Obsidiangeräten charakteristisch. Sie lassen sich in den für die Halaf-Zeit gut bezeugten Austausch von Obsidian einfügen. Als Herkunftsgebiet dürften auch im Falle von Tell Tawila ehemalige Vulkangebiete auf dem Gebiet der heutigen Türkei gelten.

Tell Tawila, ausgewählte Kleinfunde aus Bereich B

Tell Tawila, ausgewählte Kleinfunde aus Bereich B

Tell Tawila, ausgewählte Kleinfunde aus Bereich B

Keramik, Datierung, Subsistenz

Die Ausgrabungen erbrachten ein reichhaltiges keramisches Material mit knapp 7.500 Scherben der Halaf-Zeit. Aufgrund der Keramik können die bislang freigelegten Bauschichten in Tell Tawila in die mittlere bis späte Halaf-Zeit, d.h. in den Zeitraum von etwa 5600-5300 v. Chr. datiert werden.

Chronologie der Halaf-Kultur

Chronologie der Halaf-Kultur

Chronologie der Halaf-Kultur

Wie schon das reichhaltige Material des Surveys erkennen ließ, liegt der Fundplatz im Kerngebiet der Halaf-Kultur verdeutlicht durch den hohen Anteil mineralischer Feinkeramik (ca. 85 %). Dabei können zwei Varianten, eine bemalte und eine unbemalte Gruppe unterschieden werden. Innerhalb dieser Feinkeramik dominiert die bemalte Variante mit ca. 80 %. In geringem Umfang sind aber auch unbemalte Gefäße in der mineralisch gemagerten Feinkeramik belegt. Für die bemalte Gattung sind v.a. Trichterrandformen bei Schalen und Töpfen charakteristisch. Neben den meist geometrischen Motiven sind auch Bukrania gut belegt, in Einzelfällen auch liegende Gazellen. Neben der monochromen Ausführung der Motive sind für diese Zeitstufe geringe Belege polychromer Bemalung vorhanden, während sich in Bezug auf die Anbringung des Gefäßdekors ansonsten eine zunehmende Reduzierung auf den Randbereich feststellen läßt. Anders als für die frühe Halaf-Zeit verlagert sich also der Gefäßdekor, dafür wird verstärkt mit der Farbgebung operiert. Letzere wird durch die gezielte Kombination aus der Stärke des Farbauftrags und der Brennführung (oxidierend/ reduzierend) erreicht und setzt entsprechende Kenntnisse des Töpferhandwerks voraus. Innerhalb der mineralischen Kochtopfware (ca. 13 %) dominieren in erster Linie hole mouth-Formen. Alle anderen Waren sind nur in geringer Anzahl belegt. Dazu zählt auch die sog. graue Ware, eine spezielle Feinkeramik, die auf Kontakte mit dem westsyrischen Raum hindeutet. Eine lokale Keramikproduktion läßt sich durch mehrere Fehlbrände auch in der mineralischen Feinkeramik belegen.

 Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Die Architektur findet gute Parallelen in Fundorten wie z.B. Tell Sabi Abyad, vor allem aber in wiederum späthalafzeitlichem Kontext von Yarimtepe III in der nordirakischen Sinjar-Region.

Durch Vergleiche der Architektur, Keramik und Funde, werden also für Tell Tawila weitreichende Austauschbeziehungen mit unterschiedlichen geographischen Nachbarregionen faßbar.

Hinweise zur Subsistenz liefern bislang nur Grobsteingeräte in Form von Mahlsteinen, Mörsern, etc., die auf die Verarbeitung von Getreide hindeuten. Botanische Proben liegen hingegen aus den zahlreichen Ascheschichten bislang nur in geringer Anzahl vor, obwohl zahlreiche Proben ausgeschlämmt wurden. Interessant dürfte auch die noch ausstehende Bearbeitung der Tierknochen sein, da sich für die Halaf-Kultur die Frage stellt, ob die Bewohner von Tell Tawila in größerem Umfang Viehhaltung betrieben, oder die Jagd einen bedeutenden Anteil an der Subsistenz hatte. Diese Fragestellung ist u.a. gerade vor dem Hintergrund relevant, da Tell Tawila am Südrand der Regenfeldbauzone liegt und klimatische Veränderungen zu einer veränderten Lebensweise und schließlich zur Aufgabe der Siedlung geführt haben könnten.

Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Tell Tawila, Bereich B, halafzeitliche Keramik

Die Ausgrabungen in Tell Tawila werden im Frühjahr 2006 fortgesetzt.


von Jörg Becker
Seminar für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte, Martin-Luther-Universität Halle - Wittenberg

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